Ein Törn im Herbst - Pro und Contra

Alle, die das Revier der östlichen Adriaküste noch aus den Jahren kennen, als diese noch nicht vom Tourismus überrannt wurde, sehnen sich oftmals an die alten Zeiten zurück. Ruhe und Beschaulichkeit gepaart mit einer südländischen Leichtigkeit gehörten zu den Ingredienzien eines gelungenen Urlaubs, in dem man in eine andere, beschaulichere Welt eintauchen konnte, um einen Gegenpol zum doch immer stressigeren und hektischeren Alltag zu finden.

In der Saison, die mittlerweile doch schon von Mai bis Anfang September dauert, verwandelt sich das Land und seine Menschen. Party-, Event- und Actionhungrige Touristen tauchen überfallartig auf. Rücksichtslos und lärmend sind sie stets zugegen. Bei den Einheimischen zeigen sich Eurosymbole in den Pupillen und jeder versucht das Beste daraus zu machen. Wenn schon diese Niveau- und Stillosen Horden ertragen werden müssen, so soll es sich zumindest in Finanzieller Hinsicht auszahlen. Der Ausverkauf der Heimat wiederholt sich jedes Jahr aufs Neue.

Besucher, die Land und Leute bereits vor Jahren kennen und lieben gelernt haben, bleibt lediglich die Option, das Land außerhalb der Hochsaison zu besuchen.

In diesem Bericht versuchen wir die Vor- und Nachteile eines Herbstlichen Törn gegenüberzustellen. Natürlich sollten hier auch Erfahrungsberichte nicht fehlen.
 
Pro Contra

- die Ruhe kehrt wieder zurück
- tagsüber oft sommerliche Temperaturen
- an Bojen werden kaum mehr Gebühren kassiert
- sehr günstige Charterpreise
- reduzierte Liegegebühren
- keine Staus bei der Anreise
- das Wasser hat noch lange Badetemperatur
- auf den Märkten noch vielfältigeres Angebot

- das Wetter wird unberechenbarer
- manche Bojenfelder sind nicht mehr in Betrieb
- Gastronomie teilweise bereits geschlossen
- die Nächte sind kühler
 
 
 
Erfahrungsberichte
 
T.Bossard SY Sarabella: Wir haben soeben einen 2-wöchigen Törn nach Venedig (ab Punat) und zurück der istrischen Küste entlang gemacht. (s. Beilage, Publikation falls ihr wollt). Fazit: ruhige Segeltage, menschenleere Marinas (aber immer noch volle Preise!), (fast) nie Mooringgebühren an den Bojen und ein Geheimtipp für eine Marina in Venedig, die auch für ein grösseres Schiff wie unseres mit 2.60m Tiefgang geht: Vento di Venezia, Insel Certosa (www.ventodivenezia.it) . Liegeplatzkosten für 14m ab 1.10.: EUR 45.-/Tg (Vielleicht schneiden sich die Kroaten davon mal ein Rädchen ab und merken, dass nicht alles über Abzockerei und das schnelle Geld geht, dann hätten sie vielleicht auch noch ein paar Touristen im Herbst). Das Wetter war auf jeden Fall hervorragend.
 
KLAUS HEYBACH: Die Klimaveränderung findet offensichtlich auch im östlichen Mittelmeerraum statt. Ein 2-Wochentörn vom 6.09.08 bis zum 20.09.08 von Marina Kremik über die südliche Inselwelt bis Dubrovnik und zurück war jedenfalls geprägt von stärker werdendem Jugo bis zu 8 in Böen und in der Nähe von Kaps in der ersten Woche und stark abkühlender Bora mit Wind mit nochmaliger Steigerung auf bis zu 9 in der zweiten.
 
Markus Schmid, Luzern: Ich war in den letzten Jahren über zehn Mal zwischen Ende April und Anfang November als Charterer in Kroatien unterwegs und kenne den überwiegenden Teil der Küste und der Inseln zwischen Zadar und Dubrovnik. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass das Wetter im Frühling wesentlich stabiler ist als im Herbst. Bereits ab Mitte Oktober muss mit rasch aufziehenden Gewittern und / oder starkem Scirocco gerechnet werden.
Es hat natürlich seinen Reiz, als eine von ganz wenigen Yachten noch unterwegs zu sein; die Buchten hat man auf jeden Fall fast für sich allein. Allerdings sind gegen Ende Oktober manche Bojenfelder nicht mehr in Betrieb und so manch eine Konoba, die man vom Sommer her kennt, hat auch geschlossen. Aufgrund der ungünstigen Zeitzoneneinteilung Kroatiens wird es abends zudem sehr früh dunkel. Wer die Tage optimal nutzen möchte, sollte morgens deshalb möglichst frühzeitig auslaufen. Die Temperaturen sind im Durchschnitt auch im Oktober noch sehr angenehm; gegen Ende Oktober kann es zeitweise aber empfindlich kalt werden. Wer gemütliche Törns bei eher ruhiger, stabiler Wetterlage vorzieht, sollte nach Mitte Oktober besser nicht mehr in Kroatien unterwegs sein. Wer unbedingt später im Jahr noch segeln möchte, ist wahrscheinlich mit der Türkei oder allenfalls den Balearen besser bedient. Eine erfahrene Crew, die auch mit schwierigen Wetterverhältnissen umgehen kann und sich auf rasche Wetterwechsel einstellt, kann bis weit in den November hinein unterwegs sein und dabei einen sehr abwechslungsreichen und eindrücklichen Törn erleben. Wir, nur zu zweit unterwegs auf einem 30 Fuss Boot, waren Anfang November bei 6 Beaufort Scirocco und einer durchwachten Nacht am Anker ganz froh, unbeschadet im Zielhafen einzulaufen... und der Vercharterer ebenso :-)
 
Manfred Sackermann: Ein Herbst Törn ist ein ganz besonderes Erlebnis. Die Luft ist frisch, der Wind dreht häufig, und bläst auch mal stärker als es einem lieb ist. Land und Meer haben einen anderen Geruch bekommen. Die Häfen und Marinas sowie Städte sind beschaulicher und das Leben ist ohne Tourismus normaler, die Preise auch moderater. Man freut sich noch auf einen Restaurantbesucher, den man im hektischen Sommer kaum wahrnimmt. Wichtig ist jedoch passende Segelkleidung - und nicht zu vergessen: die Standheizung im Boot ! Die Segelmanöver mussen überlegter gefahren werden, und man muss auf die richtigen Ankermanöver achten. Bei stärkerem Wind ist eben alles anders aber man spürt alles ein wenig mehr. Ich habe viele Herbst Törns auf dem Atlantik gemacht, auch in Kroatien und in Griechenland. Es ist ein Erlebnis dass viel stärker in Erinnerung bleibt als der übliche Sommertörn, vorausgesetzt man hat mehr als nur "Basissegelerfahrung". Nur Mut !
 
Stephan Jagoda: Ich lebe selber in einem Tourismus Ort und kann daher nur schwer in der Hauptsaison auf Urlaub fahren. Daher bin ich bis jetzt immer nur in der Vor und Nachsaison gefahren.
Meine Erfahrungen damit:
Keine Gewitter
Keine extreme Hitze
Keine Flauten
Es können Wetterlagen mit anspruchsvollen Winden entstehen, der Wetterbericht ist eines der zentralen Themen für die Vor und Nachsaison. Kein Problem einen Platz in der Marina zu finden. Hier und da kann es vorkommen, daß das Personal von der Saison ausgepowert ist, in aller Regel haben die Einheimischen aber weniger Druck und mehr Zeit für den Gast. Und der Nebensaison-Preis ist ein sehr angenehmes Nebenprodukt.
Grundsätzlich bevorzuge ich den Herbst. Die Yachten haben über die Sommersaison ihre Schwächen gezeigt und sind in aller Regeln in einem Top Zustand, da die Schwächen repariert wurden.
 
Werner aus Karlsruhe: Ich hatte mit dem Wetter großes Glück weil genau in den zwei Wochen eine stablie Hochdruckwetterlage herrschte. Das heißt jeden Tag NordWest- bis Westwind 6 - 16 kt; nur einmal bis 22 kt, in der Regel ab 11.00 Uhr; also gut beherrschbar bzw. prima zum Segeln. Nur einen Tag gab's ohne den geringsten Hauch Wind.
Man muss im Spätjahr morgens früher raus, wenn man rum kommen will, weil es halt schon ca. 18,45 Uhr schlagartig stockfinster und dann auch sehr schnell feucht wird. Erst später in der Nacht wenn der Mond aufgegangen ist wird's wieder heller und man könnte dann wieder bei gutem Licht problemlos segeln.
Die kleineren Orte waren mir häufig doch ziemlich Gott verlassen und einsam. Das hat abends schon etwas auf die Stimmung gedrückt. Laue Abende im Cockpit bei Kerzenschein habe ich dann ein bisschen vermisst.
Die großen Städte Trogir und Split jedoch waren schön, nicht so überlaufen, wie im Sommer.
Wir haben uns dieses Jahr ein fest stationiertes Boot zugelegt und genießen es, mehrmals im Jahr zu allen Jahreszeiten segeln zu können. Der Herbst wird daher in den nächsten Jahren öfter mal dabei sein.
Bezüglich der Kosten habe ich mir für nächstes Jahr vorgenommen, mein Ankergeschirr häufiger zu benutzen. Der Service in den Häfen und Marinas ist zwar immer besser aber es muss auch alles relativ teuer bezahlt werden. Die 30 € im Schnitt trage ich dann lieber in eine Konoba oder behalte sie in der Bordkasse.
Zum Schluss noch ein Tip. Viele Reisende aller Arten beachten die sog. Mondregel. Danach sollte man möglichst zwischen Neumond und Vollmond verreisen. In dieser Phase hat man meistens gutes beständiges Wetter. Ich beobachte das seit mittlerweile über 30 Jahren an und auf der Adria; Trefferquote mindestens 85 %.
In der ersten Phase kann man in aller Regel mit Nordwest bis Westwinden rechnen danach bis Neumond mit wechselnden Richtungen, Tendenz Südwest bis Südost.
Im Monat Oktober hat's wieder ziemlich genau gestimmt. Ein bis zwei Tage nach Vollmond, um den 15. war's aus mit dem netten Wetter.
Natürlich ist das nur eine Bauernregel und bitte kein Ersatz für eine ordentliche Wetterbeobachtung an Bord; das ist klar!
 
Martin Gerlach: Ich kann die Erfahrungen der anderen Verfasser nur bestätigen. Der Herbsttörn birgt einige schöne Gelegenheiten, noch einmal „richtig“ zu segeln, allerdings hat man auch öfter einmal das Problem, dass man vielleicht eingeweht ist und daher vielleicht den Törn nicht so planen kann wie im Sommer. Man muß eben entsprechende Kleidung haben und auch Wetterberichte hören bis zum Abwinken. Und auch den Törnplan mal flexibel ändern können Aber wir haben zum Glück eine eigene Yacht in Dalmatien und nutzen daher oft die Vor-oder Nachsaison.
Generell finden wir es in der Vorsaison, also im Frühjahr, etwas schöner als im Herbst.
a) Es stimmt, dass es im Herbst wirklich sehr früh dunkel wird. Dadurch hat man das Gefühl, um 17.30 h wäre es schon mitten in der Nacht und man geht entsprechend früh ins Bett – was man dann zum frühen Aufstehen am nächsten Tag nutzen kann… es ist halt ein anderer Rhythmus.
b) Obwohl das Wetter für die Gesundheit sehr gut ist mit klarer Luft, nicht zu heiß und oft wirklich mit beeindruckenden Temperaturen tagsüber, so ist es doch schade, dass im Herbst viele Buchten und kleine Orte, die wir so lieben, einen verlassenen Eindruck machen. Dadurch ist man immer versucht, in größere Marinas zu gehen, um etwas Leben um sich zu haben. Dieses ist aber ein Kostenfaktor, denn die Liegeplatzpreise in Kroatien sind auch im Herbst alles andere als Nachsaison.
Wir kommen gerade zurück von einem verlängerten Segelwochenende in Dalmatien und waren dort so gut wie allein, was schon manchmal merkwürdig ist. Trotz herrlichstem Wetter haben wir gerade mal einen anderen Segler gesehen, der im Bereich Trogir/Split unterwegs war. Das ist schon gewöhnungsbedürftig. Eigentlich ist es schade, die ganzen Charteryachten schon winterfertig „abgerüstet“ zu sehen, wo man doch noch einige prima Tage haben könnte, aber die Infrastruktur ist einfach zu dieser Jahreszeit bereits im totalen Wintermodus und das ist dann einigen vielleicht zu ruhig.
Wir sind große Fans von lauen langen Sommerabenden und das fehlt uns im Herbst am meisten. Unsere Yacht ist auch unter Deck sehr gemütlich, aber wir segeln im Mittelmeer statt an der Ostsee und wir möchten das auch gerne ausnutzen mit dem Leben unter freiem Himmel. Daher wird unsere favorisierte Reisezeit auch immer die trubeligen Juni, Juli, Aug Monate bleiben, mit allen Vor- und Nachteilen.
Aber einige Tage im November können die Saison manchmal angenehm verlängern – und dem Boot tut’s auch gut, wenn es noch mal bewegt wird!
 
Als Kontrast - Abseits der Meere schlägt das Kontinentalklima zu
Rudolf Grabner:Törn auf dem Balaton

Mit einer Feeling 356 waren wir zu Dritt am ersten Oktober-Wochenende am Balaton unterwegs, und zwar drei Tage lang - vom Freitag, dem 03.10.08 bis Sonntag, dem 05.10.08 ab Koloska Marina in Balatonfüred. Am Freitag gab es nach anfänglichem Regen guten Segelwind, der See war fast menschenleer, die Saison ist dort längst vorbei! Am Nachmittag legte sich der Wind und schlief später fast ganz ein, sodaß wir unser ursprüngliches Ziel nicht ganz erreicht haben. Im Hafen von Balaton-Boglar legten wir an, konnten an einen Stromanschluss und haben nach längerem Suchen auch die geheizten Duschen und WCs gefunden. Abends begann ein starker Regen, begleitet von heftigem, böigen Wind. Der darauffolgende Samstag war für uns ein Hafentag, weil wir uns nicht den anhaltenden Wetterunbillen aussetzten wollten und so haben wir zwei Nächte im Hafen Balaton-Boglar verbracht und dafür rund 12.000 Forint bezahlt - nicht gerade billig für das Saisonende! Am Sonntag morgen waren wir bereits um 8 Uhr morgens am Wasser und haben die Segel gesetzt, und bei Sonnenschein, tiefen Temperaturen und herrlichem. steifen Segelwind begann ein wunderbarer Segeltag, den wir bis fast 17 Uhr auskosteten. Es war zwar notwendig, Mütze und Handschuhe zu tragen, aber die Segelbedingungen waren so traumhaft, dass die Abwechslung am Steuerrad oft zu Diskussionen geführt hat. Die Wassertemperaturen lagen jenseits aller Badeambitionen bei gefühlten 14 oder 15 Grad, die Häfen sind - jedenfalls bei den Gästestegen, fast leer, in den Orten und Städten am Plattensee fängt das sehr beschauliche Winterleben an, mehr als 50% aller Geschäfte haben geschlossen, und man findet nur mit Mühe gute Restaurants für ein normalerweise in Ungarn ausgezeichnetes Abendessen. Fazit: Ein schöner Kurztörn, leider in der Länge etwas vermindert durch das schlechte Samstagwetter, aber auf jeden Fall etwas für Segler, denen es egal ist, ob das Wasser Badetemperatur hat oder ob sie abends Hully Gully im Hafenort haben oder nicht!
 
Wie ist`s an der Italienischen Küste?
Diesen Bericht erhielten wir von Reingard Patrick aus Luxemburg, der von Tropeia aus startete. zum Bericht

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